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Resilienz kann dann entstehen, wenn Grenzen da überschritten werden, wo es dem Unterrichtsprozess guttut.
Helmut Hochschild
Resilienz als Motor für Schulerfolg
Warum sind manche Jugendliche trotz schwieriger Startbedingungen in der Schule erfolgreich? Wie können Schulen zu einer höheren Resilienz von benachteiligten Schülerinnen und Schülern beitragen? Die persönlichen Voraussetzungen für Resilienz können durch die Umwelt gestärkt werden, zum Beispiel durch ein positives Schul- und Unterrichtsklima, so der langjährige Schulleiter, Lehrkräfteausbilder und ehemalige Interimsleiter der Berliner Rütli-Schule. Dazu gehören wertschätzende Kommunikation, vertrauensvolle Beziehungen, Anregung von Selbstwirksamkeit oder auch Ermöglichung von Partizipation. Wie das auch unter schwierigen Bedingungen gelingen kann, erzählt Helmut Hochschild im Gespräch mit dem Bildungsjournalisten Armin Himmelrath.
Durch das Gespräch führt Armin Himmelrath
Armin Himmelrath hat Sozialwissenschaften und Germanistik in Wuppertal und Beer Sheva (Israel) studiert. Er arbeitete als freier Bildungs- und Wissenschaftsjournalist unter anderem für den WDR, den Deutschlandfunk, die »Süddeutsche Zeitung« und Spiegel Online sowie als Moderator und Buchautor. Seit 2018 ist er Bildungsredakteur beim »Spiegel«, außerdem weiterhin für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Moderator und Reporter aktiv.
Die Rütli-Schule
Die Schule in Berlin-Neukölln wurde 2006 durch die Veröffentlichung eines Brandbriefes bundesweit bekannt. Die Lehrkräfte der Schule machten auf die von Gewalt, Aggressivität, Sprachbarrieren, Ablehnung des Unterrichts und einem hohen Krankenstand im Kollegium geprägten Zustände in der Schule aufmerksam. Die Schule schaffte den Turnaround und gilt heute als Vorzeigeprojekt.
Tipps aus der Schulpraxis
Psychologisch gesehen bedeutet Resilienz so viel wie innere Widerstandsfähigkeit oder Elastizität. Damit ist die Belastbarkeit und innere Stärke von Menschen gemeint, trotz widriger Umstände immer wieder in eine gesunde Balance zu kommen.
Resilienz-fördernde Schulen
- setzen darauf, die Persönlichkeit ihrer Schülerinnen und Schüler zu stärken,
- nehmen Partizipation und Mitverantwortung ernst,
- vernetzen sich mit der Außenwelt,
- kooperieren mit den Elternhäusern,
- nehmen die individuelle Kommunikation, auch die mit herausfordernden Schülerinnen oder Schülern, wichtig.
Beziehung als Schlüssel
Für Resilienz spielt die Beziehungsebene eine sehr große Rolle. Und zwar sowohl auf der Schüler-Lehrer-Ebene wie auch innerhalb des Kollegiums: Achten Sie darauf, Ihren Blick nicht nur auf das System zu verengen, sondern behalten Sie das einzelne Kind, den einzelnen Jugendlichen, den einzelnen Kollegen, die einzelne Kollegin im Blick.
Bauen Sie eine wertschätzende Beziehung zu den Kindern oder Jugendlichen auf. Ein erster Schritt ist die Kommunikation auf Augenhöhe. Achten Sie hier einmal auf Ihre Sprache und auf Ihre Körperhaltung. Halten Sie Blickkontakt. Augenhöhe kann auch durch gegenseitiges Duzen hergestellt werden. Nehmen Sie die Bedürfnisse Ihrer Schülerinnen und Schüler wahr. Bleiben Sie als Person authentisch.
Besonders für junge Menschen aus schwierigen Verhältnissen ist das Erleben positiver Beziehungen sehr wichtig. Anerkennung, Ermutigung und eine positive Fehlerkultur sind wichtige Bausteine für gute Beziehungen und ein angenehmes Lernklima. Schaffen Sie Zeitfenster für Gespräche.
Wenn Sie die Resilienz im Kollegium stärken, stärken Sie automatisch auch die Resilienz Ihrer Schülerinnen und Schüler. Entwickeln Sie gemeinsam im Kollegium neue Strukturen; setzen Sie auf mehr Zusammenarbeit. Schauen Sie nicht nur auf Probleme, sondern fokussieren Sie sich auf Lösungen. Teilschritte machen es leichter, ans Ziel zu kommen.
Resilienz ganzheitlich fördern
Schauen Sie über die Grenze von Schule hinaus. Schulen sind nicht immer »resilienz-fördernd« (Beispiel Benotung). Denken Sie daher das Leben außerhalb von Schule mit und nehmen Sie es mit in Schule hinein. Eine Möglichkeit können Angebote außerschulischer Partner sein. Hier können Schülerinnen und Schüler neue oder andere Seiten von sich entdecken und ihre Potenziale und Persönlichkeit ohne Leistungsdruck entwickeln.
Nehmen Sie die Eltern mit! Suchen Sie die Kooperation mit den Eltern. Was zunächst wie zusätzlicher Aufwand aussieht, zahlt sich später aus: Wenn Sie mit den Eltern eine gute Kooperation entwickelt haben, dann wird sich auch Ihr Unterricht effizienter gestalten. Ansprechpartnerinnen oder Ansprechpartner auf Augenhöhe, wie zum Beispiel Menschen, die die gleiche Sprache sprechen wie die Eltern, können helfen, Kontakte zu schwierig erreichbaren Elternhäusern herzustellen.
Resilienz vorleben
Kinder lernen besser, wenn sie resiliente Lehrerinnen und Lehrer haben, ganz nach dem Prinzip »Vormachen – Nachmachen«. Ein Beispiel: Nur wenn Sie sich selbst als selbstwirksam erleben, können Sie auch Ihre Schülerinnen und Schüler in ihrem Selbstwirksamkeitserleben stärken. Reflektieren Sie Ihr eigenes Verhalten: Agieren Sie eher passiv oder sind Sie gerne aktiv? Setzen Sie sich Ziele, die Sie selbstbestimmt erreichen können? Überlegen Sie, wo Sie im Schulalltag Handlungsspielräume haben und werden Sie aktiv.
Wenn Sie sich selbst als Akteur oder Akteurin Ihres Handelns wahrnehmen und dies ausstrahlen, wird sich dies auch auf Ihre Schülerinnen und Schüler übertragen. Denn Jugendliche lernen von Vorbildern. Ermöglichen Sie den Kindern und Jugendlichen Handlungsspielräume im Unterricht und geben Sie ihnen Raum, Verantwortung für ihr Lernen zu übernehmen.
Impulse zu »Resilienz als Motor für Schulerfolg«
Erste Schritte für eine »Resilienz-förderliche« Schulkultur
- »Machen statt meckern«: Nutzen Sie Krisen und kommen Sie ins Handeln. Sie können die Rahmenbedingungen eventuell nicht verändern, aber Sie können das Beste aus der Situation machen. Verlassen Sie Ihre Komfortzone und erproben Sie neue Strategien.
- Seien Sie mutig: Haben Sie zum Beispiel den Mut, sich selbst und ihr eigenes Handeln kritisch zu reflektieren.
- Bitten Sie andere Personen um Feedback. Das kann jemand aus dem Kollegium sein, das können aber auch Ihre Schülerinnen und Schüler sein.
- Haben Sie den Mut, Grenzen zu überschreiten und neue Spielräume auszuloten, zum Beispiel was die Unterrichtsgestaltung betrifft.
- Öffnen Sie sich für neue Methoden. Handeln Sie mit dem Fokus auf die Frage, was den Schülerinnen und Schülern und was dem Unterricht guttut.
- Vernetzen Sie sich auch mit anderen Schulen. Es gibt viele gute Schulen – sicherlich auch in Ihrer Nachbarschaft. Notieren Sie einmal, welche Schulen und außerschulische Organisationen es in Ihrem Umfeld gibt, die schon zu Ihrem Netzwerk gehören. Mit wem würden Sie gerne außerdem noch zusammenarbeiten?
Zum Weiterlesen
Hochschild, Helmut und Stebe, Leon: Podcast »Schule kann mehr«. Zur Website.
Hochschild, Helmut: »Nachrichten nach dem Piep«, Podcast zum Thema »Schulerfolg sichern«. Zum Podcast.
Kriebs, Simone: Resilienz in der Schule: Wie Kinder stark werden. Junfermann Verlag, 2019.
Downloads
Potenzialverstärker – Folge 3
Mit unserem Podcast »Potenzialverstärker« sind wir zu Gast in Schulen und außerschulischen Lernorten – immer mit den Fragen: Wie machen es die anderen? Wie gelingt es ihnen, Kinder und Jugendliche zu unterstützen, das Beste aus ihren Fähigkeiten zu machen? Was sagt die Wissenschaft und welche Wege geht die Praxis?
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