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Kultursensibles Unterrichten: neue Strategien für den Unterricht

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Kulturelle Vielfalt als Ressource

Auch wenn kulturelle Vielfalt in Schulen längst zum »neuen Normal« gehört, bleibt es eine Herausforderung, Kinder und Jugendliche mit ihren unterschiedlichen Hintergründen optimal zu fördern. Mit Dr. Francesca Ialuna haben wir darüber gesprochen, wie kultursensibler Unterricht Lehren und Lernen entscheidend verändern kann.

Vier Fragen an Francesca Ialuna

»Kultursensibles Unterrichten« – das klingt zunächst ein wenig sperrig, aber es ist letztlich ein Instrument, das Lehrkäfte im Unterricht sehr gut unterstützen kann. Wie kann ich mir das konkret vorstellen?

Grundsätzlich bedeutet kultursensibles Unterrichten, kulturelle Vielfalt im Klassenzimmer wertzuschätzen und aktiv in den Unterrichtsalltag einzubeziehen. Das kann zum Beispiel bedeuten, ein Projekt mit den Schüler:innen zu gestalten, in dem sie ihr Wissen über ihre Herkunftskultur(en) einbringen können. Es ist auch wichtig, kritische Diskussionen über soziale Ungleichheiten und deren Konsequenzen anzustoßen, etwa durch Reflexionen zu aktuellen gesellschaftlichen Themen. Der emotionale Aspekt spielt ebenfalls eine große Rolle: Enge und faire Beziehungen können durch kooperative Lernaktivitäten gefördert werden, die Vorurteile abbauen. Kultursensible Praktiken sind daher nicht nur in bestimmten, sondern in allen Fächern wichtig und lassen sich kreativ umsetzen.

In Ihrer Studie haben Sie herausgefunden, dass kultursensibles Unterrichten nicht nur das Wohlbefinden von Schüler:innen erhöht, sondern sogar zu mehr Lernerfolg beiträgt. Erzählen Sie!

Genau, in unserer Studie haben wir festgestellt, dass kultursensibles Unterrichten mit besseren Deutschkenntnissen der Schüler:innen verbunden war. Dies könnte daran liegen, dass Lehrkräfte, die sich sicherer bei der Umsetzung von kultursensiblen Lehrpraktiken fühlen, speziell angepasste Methoden für den Deutschunterricht in kulturell vielfältigen Klassen anwenden. Zudem berichteten Schüler:innen, die über multikulturelle Themen im Unterricht lernten, von einem höheren Wohlbefinden und einem stärkeren Zugehörigkeitsgefühl zur Schule – beides wichtige Faktoren für den Lernerfolg. Darüber hinaus war ein faires Klassenklima, in dem alle Schüler:innen unabhängig von ihrem Hintergrund gleich behandelt werden, mit besseren Mathematikleistungen verbunden. Interessant war, dass die positiven Ergebnisse des kultursensiblen Unterrichts nicht nur für Kinder mit, sondern auch für Kinder ohne Migrationserfahrung zutrafen.

Wie wird man ein kultursensibler Pädagoge, eine kultursensible Pädagogin?

Eine kultursensible Lehrkraft zu werden, erfordert vor allem ein kritisches Bewusstsein – einen kontinuierlichen Reflexionsprozess über eigene Überzeugungen und Unterrichtspraktiken im Umgang mit Vielfalt. Dazu gehört insbesondere die Selbstreflexion: Welche unbewussten Vorurteile oder Stereotype beeinflussen mein Denken und Handeln? Wie kann ich sicherstellen, dass ich meine Schüler:innen nicht aufgrund äußerlicher Merkmale oder vermeintlicher Zugehörigkeiten in Schubladen stecke? Ebenso wichtig ist es, Faktoren wie den sozioökonomischen Status und Diskriminierungserfahrungen von Schüler:innen und deren Familien zu berücksichtigen, da diese Lernchancen und die Beziehung zur Schule beeinflussen. Kultursensibel zu »sein« ist kein einmal abgeschlossener Prozess, sondern ein kontinuierlicher, aber auch spannender Entwicklungsprozess, der den Schulalltag bereichern kann.

Geben Sie uns einen Tipp: Womit können Lehrkräfte auf dem Weg zu einem kultursensiblen Unterricht im ersten Schritt anfangen?

Ein erster Schritt für Lehrkräfte kann die Auseinandersetzung mit den kulturellen Hintergründen der Schüler:innen sowie der eigenen Kultur sein. Was bedeutet Kultur für mich persönlich? Welche Auswirkungen können Veranstaltungen oder Projekte, die kulturelle Vielfalt thematisieren, auf den Unterricht haben und wie gehe ich damit um? Dabei könnte es hilfreich sein, offene Gespräche mit den Schüler:innen zu führen, um ihre Erfahrungen und Sichtweisen zu verstehen und diese sowohl bei der Planung von Projekten als auch im regulären Unterricht zu integrieren. Zudem kann es wertvoll sein, Vorträge und Fortbildungen zu interkulturellen Kompetenzen zu besuchen, um Impulse zu erhalten, wie man den eigenen Unterricht und die Arbeit kultursensibler gestalten kann.

Portrait Francesca Ialuna

Dr. Francesca Ialuna

Portrait Francesca Ialuna
UDE ZIM Badtke

Dr. Francesca Ialuna

Francesca Ialuna ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Duisburg-Essen in der AG Interkulturelle Psychologie – Migration und Integration. Sie forscht zu kultureller Diversität, Intersektionalität und Bildung. Einer ihrer Schwerpunkte liegt auf kulturresponsiven Unterrichtspraktiken, die sie auch in der Lehrkräfteausbildung vermittelt. Insbesondere untersucht sie, wie Lehrkräfte kulturelle Diversität gezielt einbeziehen, um Schüler:innen optimal zu unterstützen

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