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Trainingsvideo mit Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson

Zusammenfassung des Trainingsvideos

  • Kreative Lernumgebungen gestalten
  • Die eigene Kreativität anregen
  • Keine Angst vor Kreativität

Raum für Kreativität

Auch wenn Kreativität als wichtigste Schlüsselkompetenz für die Arbeitswelt von morgen gilt, findet an Schulen die Förderung von Kreativität meist nur zögerlich statt. Dabei ist Kreativität ein Potenzial, das erkannt und durch entsprechende Anregung unterstützt werden muss, um sich entfalten zu können. Für Lehrkräfte können kreative Kinder herausfordernd sein und den Unterricht sprengen. Kreativität in der Unterrichtspraxis zuzulassen und zu fördern, ist daher zugegebenermaßen nicht so einfach. Es braucht neben dem entsprechenden Bewusstsein und der Expertise auf Seiten der Lehrenden auch Zeit und Raum, damit die Jugendlichen kreatives Denken systematisch entwickeln können. Wie können Lernsettings aussehen, die genug Freiraum lassen für Kreativität – und zwar über alle Fächer hinweg? Tanja Gabriele Baudson findet im Video Antworten auf diese Fragen. 

Die Zusammenfassung des Beitrags einschließlich der Tipps und Impulse können Sie unter Downloads am Ende der Seite als Arbeitsblatt zum Speichern oder Ausdrucken herunterladen.

Ein Foto von Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson.

Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson

Ein Foto von Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson.
© Vincent Flamion

Prof. Dr. Tanja Gabriele Baudson

Tanja Gabriele Baudson ist Professorin für Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische Diagnostik an der Vinzenz Pallotti University in Vallendar. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören die Themen Hochbegabung, Kreativität und Intelligenz. 2018 wurde sie vom Deutschen Hochschulverband als Hochschullehrerin des Jahres ausgezeichnet. Sie sagt: »Die Freude daran, intrinsisch motiviert Eigenes zu schaffen, sollte man nicht als Luxus, sondern als Grundstein der Bildung begreifen.«

Kreativität fördern – alles, was Sie wissen müssen

Kreativität im Sinne der »Future Skills« meint die Fähigkeit, für Probleme neue, originelle Lösungen zu finden. Kreative Schülerinnen und Schüler mögen es, sich neuen Herausforderungen zu stellen, über den Stoff hinaus zu denken und alternative Zusammenhänge zu entdecken. Im Spannungsfeld von »Communion« (Gemeinschaftserleben) und »Agency« (Selbstverwirklichung des Individuums) zeichnen sich kreative Menschen phasenweise durch Einzelgängertum aus. Dies kann für Lehrkräfte herausfordernd sein. Zum Beispiel dann, wenn diese Jugendlichen vom Stoff abschweifen und Fragen stellen, auf die Lehrkräfte nicht vorbereitet sind oder die sich aufgrund ihrer Komplexität nicht einfach beantworten lassen. Es kann sein, dass die von der Lehrkraft vorab gut strukturierte und geplante Unterrichtseinheit mit Einwürfen und Ideen durchkreuzt wird. 

Kreativität zwischen wünschenswerter Kompetenz und Störfaktor: Wie kann dieses Dilemma gelöst werden? Machen Sie sich im ersten Schritt klar, welche Lernbedürfnisse Ihre Schülerinnen und Schüler haben.

»Was unterscheidet kreative Schüler?«

Das von der US-amerikanischen Wissenschaftlerin Bertie Kingore entwickelte Modell »High Achiever, Gifted Learner, Creative Thinker« verdeutlicht, wie sich die Lernbedürfnisse von kreativen Schülerinnen und Schülern von denen anderer Jugendlicher unterscheiden. Tanja Gabriele Baudson plädiert dafür, auf diese Lernbedürfnisse einzugehen und kreative Begabungen, genau wie jede andere Begabung auch, zu unterstützen – und zwar in jedem Unterricht und in jedem Fach. Es hilft, so Baudson, sich zuvor mit der eigenen Kreativität vertraut zu machen.

Abbildung einer Tabelle zum Thema Lernbedürfnisse von Bertie Kingore
© Bertie Kingore, Übersetzung und Bearbeitung Tanja Gabriele Baudson

Praxisimpulse

Praxisimpuls »Warum Kreativität?«

Stellen Sie sich folgende Fragen:

  • Warum sind Sie Lehrkraft geworden?
  • Glauben Sie, dass Sie kreativ sind?

Die Antworten auf die beiden Fragen können dazu beitragen, Ihre Haltung zum Thema Kreativität zu klären. Für die meisten Lehrkräfte ist die individuelle Förderung von Kindern und Jugendlichen eine wichtige Motivation für ihre Lehrtätigkeit. Machen Sie sich klar, dass Förderung von Kreativität Hand in Hand geht mit individueller Förderung. 

Praxisimpuls »Mindset für mehr Kreativität«

  • Lassen Sie sich auf eine Haltung ein, die im Lernprozess das Ziel vorgibt, aber offen ist für unterschiedliche Lösungswege. Haben Sie den Mut, Kontrolle abzugeben und den Jugendlichen Raum zu lassen für ungewöhnlichen Denkansätze.
  • Planen Sie weniger, sondern lassen Sie mehr Puffer für Nicht-Planbares.
  • Gewähren Sie Schülerinnen und Schülern, die kreativ sein wollen, mehr Autonomie. Dies lässt Ihnen auch Zeit für diejenigen, die mehr Struktur und Unterstützung benötigen. 
  • Schaffen Sie eine fehlerfreundliche Lernkultur. Nur wer Fehler machen darf, hat den Mut, sich auszuprobieren und out-of-the-box zu denken. 
  • Initiieren Sie fächerübergreifende Projekte. Damit eröffnen Sie Möglichkeiten für die Entfaltung kreativer Begabungen in den unterschiedlichen Themenbereichen und Niveaus. Ein Beispiel, wie das konkret aussehen kann, finden Sie hier.
  • Geben Sie Ihrer eigenen Kreativität mehr Raum. Fokussieren Sie sich dabei auf den Spaß am Prozess, nicht auf das Ergebnis. Das macht es Ihnen leichter, sich für Ihre Kreativität zu öffnen.
  • Wertschätzen Sie Ihre eigenen kreativen Ideen. Führen Sie zum Beispiel ein Ideenbuch und schreiben Sie Ihre Gedanken auf, ohne vorab zu bewerten.

Praxisimpuls »Kreativität fördern, wie geht das?« 

  • In einer ersten, der sogenannten divergenten Phase werden zunächst Informationen und Ideen zur Frage bzw. zum Thema entwickelt und zusammengetragen. Dafür eigenen sich vielfältige Brainstorming-Methoden. Im »Reverse Brainstorming« beispielsweise versuchen die Teilnehmenden zunächst das Problem zu verschlimmern, bevor sie daraus Ideen ableiten, die das Problem verbessern können. Bewerten Sie die Impulse und Vorschläge in dieser Phase nicht. 
  • Kreativitätsförderung gelingt nur dann, wenn es über das Brainstorming in der divergenten Phase hinausgeht. Um Kreativität anzuregen, braucht es unbedingt auch das Ausarbeiten der Ideen, die in der ersten Phase entwickelt wurden. Geben Sie den Schülerinnen und Schülern deshalb den Raum, ihre Ideen auch umzusetzen. Diese Phase wird als konvergente Phase bezeichnet. Dazu werden die in der divergenten Phase entwickelten Alternativen auf interessante Aspekte hin überprüft und bewertet. Die Vorschläge werden aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und die Liste an Vorschlägen immer mehr eingegrenzt. Wichtig ist, in dieser Phase konstruktiv kritisch zu bleiben. 
  • Als Lehrkraft oder als Lernbegleitende haben Sie es in der Hand, ein kreativitätsförderndes Umfeld (den kreativen Kontext) zu schaffen. Damit sich Kreativität entwickeln kann, braucht es zum Beispiel Zeit. Liegt der Fokus nur auf dem Erreichen schneller Lösungen, stört das den kreativen Prozess. Grundvoraussetzung ist, dass alle Schülerinnen und Schüler sich wohlfühlen und trauen, ihre Gedanken und Ideen auszusprechen. Kultivieren Sie eine Atmosphäre, die humorvoll, kollaborativ, respektvoll, offen und einladend ist.
  • Machen Sie sich bewusst: Kreativitätsförderung ist Persönlichkeitsbildung. Indem Sie mehr Kreativität in Ihrem Unterricht zulassen, tragen Sie dazu bei, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Stärken entdecken und Potenziale entfalten können.
  • Vielfältige Methoden für mehr Kreativität im Unterricht finden Sie zum Beispiel in der Publikation in »Wenn Schule auf Ideen bringt« (siehe unter Zum Weiterlesen). 

Erste Schritte

  • Stellen Sie sich bewusst folgenden Überlegungen: Was könnte passieren, wenn Sie im Unterricht mehr Kreativität zulassen? Was sind Ihre Befürchtungen? Welche Chancen würden sich möglicherweise eröffnen?
  • Sprechen Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern über das Thema Kreativität und beziehen Sie sie ein: Wie können gemeinsam kreative Rahmenbedingungen geschaffen werden?
  • Achten Sie darauf, wo sich Kreativität im Unterrichtsalltag manifestiert. Nehmen Sie Ihre Schülerinnen und Schüler auch aus dieser Perspektive wahr und betrachten Sie Kreativität als Potenzial und nicht als Störfaktor. 
  • Nehmen Sie sich gezielt mehr Zeit für Ihre eigene Kreativität. 

Zum Weiterlesen

Cameron, Julia: Der Weg des Künstlers: Ein spiritueller Pfad zur Aktivierung unserer Kreativität. Knaur, 2009.

Gnas, Jessica; Mack, Elena; Matthes, Julia; Preckel, Franzis: Intelligenz, Kreativität und Hochbegabung. UTB, 2023.

Haager, Julia Sophie; Baudson, Tanja Gabriele (Hrsg.): Kreativität in der Schule – finden, fördern, leben. Springer, 2019.

Reckwitz, Andreas: Die Erfindung der Kreativität: Zum Prozess gesellschaftlicher Ästhetisierung. suhrkamp taschenbuch wissenschaft, 2012.

Sommer, Leonard: Wenn Schule auf Ideen bringt. Verlag Franz Vahlen, 2023.

Grafik zur Veranschaulichung des Bereiches Literatur unseres Hybriden Lernraums. Ein Pfeil zeigt auf drei Buecher, die neben einem Werkzeugkasten stehen.

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Weitere Angebote im Begabungslotsen zum Thema Kreativität

Hybrider Lernraum

Die Trainingsvideos sind Teil des Hybriden Lernraums. Hier finden Sie für Ihre Arbeit in Schule oder an außerschulischen Lernorten Methoden, Informationen und Praxistipps aus Wissenschaft und Praxis – als Texte, Podcasts, Videos oder Workshops.

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